Kasper will eine Reise machen
Personen: Kasper, Katri, seine Frau
Kasper: (kommt mit einem Sack auf dem Rücken und dem Regenschirm): Also leb‘ wohl, Katri. Pass auf zum Häuschen, lass‘ das Licht nicht brennen und lass‘ das Wasser in der Küche nicht laufen. Schliesse die Fensterladen wegen den Dieben, und mach‘ nicht auf, wenn’s läutet. Und wenn einer kommt und etwas will, so sagst du, es sei niemand zu Hause. Aber wenn dir einer etwas bringst, so nimmt du’s, und wenn er Geld dafür möchte so …
Katri: Hör‘ auf, Kasper, hör‘ auf! Da wird man ja verrückt.
Kasper: Und wenn einer Geld von dir will, so sagst du, gestern sei uns alles gestohlen worden, und wenn sie doch etwas bei uns finden, so sagst du, es gehöre alles dem Grossvater seiner Urgrossmutter, und wenn sie die anbetteln wollen, da sagst du, sie seien alle beide gestern gestorben …
Katri: Mach jetzt endlich, dass du fortkommst! .. Es ist ja …
Kasper: Ich kann nicht fort und zugleich kommen …
Katri: Ach, geh‘ mir aus den Augen!
Kasper: Kann ich nicht, weil ich nie in deinen Augen drin war.
Katri: Ach, du Haarspalter, du Tüpflisch…
Kasper: Haarspalter? Ich spalte ur Holz. Haare habe ich meiner Lebtage nie gespalten.
Katri: Ich wollte, du hättest Siebenmeilenstiefel an, denn wärst du schon über alle Berge, und ich wäre dich los.
Kasper: Siebenmeilenstiefel wären mir viel zu gross, da fiele ich ja beim ersten Schritt heraus…
Katri: Ach, hol‘ dich der Kuckuck!
Kasper: Wenn mich doch der Kuckuck holte, dann könnte ich mit ihm fliegen und brauchte nicht auf einer staubigen Landstrasse zu laufen. Also, jetzt lebe wohl, Katri und pass‘ gut zum…
Katri: Hast du ein Taschentuch, Kasper? Und hast du Seife, du ewiger Schmierfink? Und wollene Strümpfe? Und wenn’s regnet, ziehe sie an! Und wenn…
Kasper: Hör‘ auf, hör‘ auf, man wird ja verrückt…
Katri: Und geh‘ nicht in ein teures Wirtshaus, aber auch nicht in ein billiges wo du Wanzen aufließest; die will ich nicht in meinem Häuschen haben.
Kasper: Jetzt hör‘ auf mit Schwatzen, ich halt’s nicht mehr aus.
Katri: Und wenn du auf der Eisenbahn fährst, so nimmst du fünfter Klasse oder läufst hinterher. Und wenn du Hunger hast, brauchst du keinen Gänsebraten zu bestellen, eine Wurst tut’s auch, und zwar eine kleine, und …
Kasper: Aufhören, Katri, aufhören! …
Katri: Und da hast du das Reisegeld, ein liebes, silbernes, ächtes Schweizerfränklein. Wenn du gut sparst, so kannst du noch etwas mit heimbringen. Und aus dem Rest lässest du dir nachher die Stiefel besohlen. Du wirst sowieso mit einem Loch heimkommen!
Kasper: He ja, besonders wenn ich schon mit eine gehe.
Katri: Und was das Trinken betrifft, Kasper, da muss ich denn schon sagen: eine frische Geissmilich ist billiger als eine Flasche mit…
Kasper: Ich bleib‘ da, ich bleib‘ da, ich geh‘ auf keine Reise, und nun hast mich wieder für ein Jahr daheim, du Plapperschlange, und das Geschieht dir ganz recht!
Katri: O, ich arme Katrine, ich arme Katrine! Ach, hätte ich doch geschwiegen!
Kasper: Ja gelt, hättest du! Und das Fränklein behalte ich auch und gebe es nicht wieder het.
Katri: Was? Ein ganzes Jahr soll ich dich auf dem Hals haben, und das Fränklein willst du auch behalten? O^ich arme Katrine! … Ich arme … Auf der Stelle machst du dich auf die Reise mit samt deinem Fränklein. Das könnte euch beiden so passen, miteinander daheim zu bleiben!
Kasper: (steckt das Fränklein ein): o, du liebes, silbernes, ächtes, wohlverdientes, hundertprozentiges Schweizerfränklein! Komm, jetzt wollen wir die Welt bereisen. (Singt.) Muss i denn, muss i denn zum Städtele naus…
Lisa Wenger, SJW 31