Happy Birthday PublicDomainDay – Happy Birthday to you!

2016 geht als Todesjahr vieler berühmter Kunstschaffenden in die Geschichte ein. David Bowie, Clown Dimitri, Umberto Eco, George Michael, Fidel Castro, Carrie Fisher und Bud Spencer sind nur einige in diesem Jahr Verstorbene. Ihre Werke uneingeschränkt nutzen können aber erst 2087 unsere Enkelkinder oder deren Kinder. Bis dann werden wohl Erben, Stiftungen, Verlage, Labels und Verwertungsgesellschaften mit Argusaugen jegliche Nutzung unterbinden oder mittels Lizenzabgaben dran verdienen.

Mit dem Jahreswechsel erhalten wir, wie jedes Jahr, wieder eine Menge neue Werke geschenkt. Alle Werke von Urhebern die 1946 gestorben sind fallen mit dem Jahreswechsel in den Public Domain und können ab sofort von jedem kopiert, genutzt und verändert werden. Der 1. Januar ist der Geburtstag des PublicDomain und wird deshalb auch PublicDomainDay genannt.

Dieses Jahr können wir den PublicDomainDay auch richtig feiern und problemlos in aller Öffentlichkeit Happy Birthday singen. Die Rechte am berühmten Geburtstagsliedes des Rechteinhaber Warner von Patty Hill sind in der Schweiz und in den meisten Ländern erloschen. Bis Ende Jahr hatte noch die SUISA die Rechte wahrgenommen und öffentliche Nutzungen waren dementsprechend vergütungspflichtig.

Fountain von Duchamp fotografiert durch Stieglitz

Im Jahr 2016 fokussierten wir auf gemeinfreie dadaistische Werke und organisierten mehrere Veranstaltungen und eine Ausstellung unter dem Titel Re:Dada. Wir wollten dazu auch die berühmte Fotografie von Alfred Stieglitz des Fountain von Marcel Duchamp nutzen. Eine Anfrage bei ProLitteris hat ergeben, dass die Nutzung des Fotos noch vergütungspflichtig ist bis Ende 2016, sowie nur mit 72DPI und ohne Veränderung abgebildet werden darf. Die Rechtssituation rund um Fotos von Duchamp Werk scheint kompliziert. Wir haben deshalb auf die Nutzung des Fotos in der Schweiz verzichtet. Ab sofort können und werden wir das Abbild nun nutzen und uns erste Aneignungen überlegen. Weltweit gibt es schon einige spannende Aneignungen des fotografierten Werk von Duchamp.

„War of the worlds“ Illustration aus der französischen Ausgabe

Science Fiction und Steampunks Fans freuen sich auf die englische Originalversion der Werke  „Krieg der Welten“ und die „Zeitmaschine“. Neben den grossen Hollywood Adaptionen können wir ab sofort alle unsere eigenen Versionen entwickeln und frei teilen. Die Werke von H.G. Wells mit ihren viktorianischen Elementen gelten als Inspirationsquelle für Steampunk Fans und nichts kann sie mehr daran hindern, sich den Stoff anzueignen.

Ökonomen haben jetzt freien Zugang zu den Werken von John Mainard Keynes. Keynes ist einer wichtigsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts und Namensgeber des Keynesianismus. Sein zentrales Werk „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes.“ wird wohl demnächst einfach durchsuchbar und für jeden zugänglich auf dem Internet verfügbar sein. Passend zum Public Domain Thema ist auch seint Zitat: „Auf lange Sicht sind wir alle tot.“.

Selfie von Boissonas

Auch einige Kunst schaffende aus der Schweiz fallen in den Public Domain. Auf Sikart finden sich 44 Kunstschaffende die 1946 gestorben sind. Von vielen gibt es bis jetzt nur sehr wenig Infos zu ihren Werken und ihrem Leben.

Der in Genf gestorbene Schweizer Fred Boissonas erklimmte als erster den Olymp und dokumentierte Griechenlands Alltagsleben und seine antiken Stätten. Seine Originalfotografien sind in Griechenland im Fotomuseum von Thessaloniki zu finden.

Die ebenfalls in Genf gestorbene Schweizerin Emilie Gourd war Feministin und setzte sich schon 1912 für das Frauenstimmrecht und Gleichberechtigung der Frauen ein. Als Journalistin war sie verantwortlich für Zeitschrift „Mouvement féministe“.

Irma Frischknecht-Schreiber war als Silloutenschneiderin unterwegs und ihre Vorlagen können nun auch mit Lasercuttern verwendet werden.

Tscharner - Doppelbildnis eines Mädchens und eines Knaben
Tscharner – Doppelbildnis eines Mädchens und eines Knaben

Johann von Tscharner war ein Schweizer Maler. Er verkehrte in Zürich unter anderem mit den Dadaisten und anderen Kunstschaffenden. Einige seiner Werke sind in den öffentlich finanzierten Kunstmuseen Chur, Glarus und dem Kunsthaus Zürich. Mit dem Jahreswechsel haben diese öffentlichen Institutionen keine urheberrechtliche Hürde mehr  bereits vorhandene hochaufgelösten Digitalisate zur Verfügung zu stellen.

Eine einfache Suche auf der Wikipedia bringt mehr als 1000 Namen von 1946 verstorbenen Urhebern zu Tage. Viele der Werke dieser Urheber schlummern noch als Originale oder analoge Kopien in den Bibliotheken, Museen, Archiven oder sind in privaten Händen. Tausende sind verloren gegangen. Alles aber das noch vorhanden und bereits digitalisiert ist, kann der Öffentlichkeit geschenkt werden.

In den letzten Jahren bemerken wir eine proaktivere Vorgehensweise von öffentlichen Bibliotheken und Archiven. Vermehrt wurden bereits bestehende Digitalisate frei gegeben. Wir freuen uns also darauf, dass die Urheberrechtshinweise bei den neu gemeinfreien Werken entfernt werden und der Downloadbutton für hochaufgelöste Digitalisate frei geschaltet wird.

Auch ist bereits ein loses Netzwerk von Aktivisten für den Public Domain unterwegs, befreit die Werke und stellt sie als Digitalisate auf den verschiedenen Plattformen, wie Archive.org, Wikisource oder Gutenberg zur Verfügung. Der 1. Januar ist dazu nur der eigentliche Startschuss zu einer Entdeckungsreise aller 1946 Verstorbenen. Wer selber suchen will, dem seien die Nekrologe der WikipediaSikart oder das historische Lexikon als Ausgangspunkt empfohlen.

 

(Danke an Hartwig Thomas, Roger Levy, Mario Purkathofer und Dominik Landwehr für Vorschläge zur Auswahl)

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